Montag, 31. Mai 2010

Etwas mehr Resilienz bitte, meine Damen und Herren

Ich gebe zu, als die Erzieherin unserer jüngsten Tochter vor 2 Jahren uns in dem ersten Elterngespräch erklärte, dass sie Wert auf Resilienz legt, habe ich das Wort nicht gekannt. Falls es Ihnen geht, wie mir damals, hier die Erklärung nach Wikipedia:

Resilienz (von lateinisch resilire = „zurückspringen, abprallen“, deutsch etwa Widerstandsfähigkeit) beschreibt die Toleranz eines Systems gegenüber Störungen.“

Ich habe dieses Wort schätzen gelernt. Unsere Tochter hat durch die Erziehung im Kindergarten tatsächlich ein für ihr Alter hohes Maß an Resilienz erworben. Sie behauptet sich gegenüber ihren Brüdern, zeigt eine Menge Durchhaltevermögen und reagiert in stressigen Situation recht gelassen. Nicht immer, aber immer öfter.

Mein früherer „Zimmergenosse“ aus DG-Bank-Zeiten erzählte mir kürzlich, er sei auf einem Führungskräfteseminar mit eben diesem Thema gewesen. Sieh an. So was lernen arme fremdbetreute Kindergartenkinder heute schon mit 4. Wir mussten natürlich schmunzeln.

Doch nun zum Ernst der Lage. Uns beschäftigen derzeit mehrere Themen, die sich alle auf „Widerstandsfähigkeit ja oder nein“ reduzieren lassen:

Ganz aktuell

Von Herrn Köhler hätte ich mehr Resilienz erwartet. Ein Amtsinhaber kann doch nicht so einfach gehen. Er ist gewählt. Das Volk bzw. die Volksvertreter haben Erwartungen in die Amtszeit gesteckt. Gewählte haben eine Verantwortung. Oder nicht? In solchen Positionen muss man doch darauf gefasst sein, dass einem Worte im Mund umgedreht werden.

Ganz dringend

BP: Hier bedarf es aus meiner Sicht keiner Resilienz. Ich möchte hier keine Toleranz gegenüber Störungen. Ich vermisse die Umweltschützer, die sich vor den BP Tankstellen auf den Boden werfen und die Einfahrt versperren. Ich bin bekanntermaßen niemand, der jemals an einer Demo teilgenommen hat und der diese auch oft furchtbar findet. Ich für meinen Teil tanke aber nicht mehr bei BP. Wissentlich wurde offenbar in Kauf genommen, dass veraltete Technik zu Störfällen führen könnte. Hallo? Die Folgen können Tschernobyl gleichen, nicht mit einem Knall aber schleichend.

Ganz umfassend

Staatsschulden, Euro und PIGS: Widerstandsfähigkeit werden wir in Europa brauchen. Bislang erscheint mir unsere Toleranz des Systems Europa gegenüber Störungen noch zu wenig ausgereift. Die Mehrheit der Bundesbürger hat lt. Umfragen mit Steuererhöhungen kein Problem. Wir haben aber Parteien, die sich vehement dagegen stellen. Ja, ich möchte auch nicht für alle anderen zahlen. Aber auch unser Land hat es seit dem 2. Weltkrieg nur in drei Jahren geschafft, einen Überschuss zu erzielen. Da stimmt doch etwas nicht. Ich predige meinen Mandanten, dass Sie kein Geld ausgeben können, was sie nicht verdient haben und der Staat lebt ständig über seine Verhältnisse. Doch woher nehmen, wenn nicht stehlen? An die Rentner könne man nicht ran, an die Bildungskosten nicht, an Subventionen keiner Art, an die arbeitende Bevölkerung nicht, an Arbeitslose auch nicht. Damit bleibt keiner. Ich las kürzlich im Buch von Prof. Sinn „Kasino-Kapitalismus“, das mehr als 40% aller Deutschen den Hauptteil ihres Einkommens aus Transferzahlungen vom Staat beziehen. Ist das denn nicht traurig?

Resilienz sollte Pflichtfach ab dem Kindergarten werden. Dann hätte ich mehr Hoffnung für die Generation unserer Kinder. Vielleicht gäbe es dann mehr Menschen, die stolz sind, ein Amt innezuhaben, auch wenn's mal schwierig wird. Die Menschen würden in Unternehmen, Kirche, Familie und Politik Mängel schonungslos offen legen. Vielleicht gingen Unternehmen, die Schäden anrichten und es hätten verhindern können, dann auch einfach pleite. Möglicherweise würde es weniger Schmarotzertum geben und mehr Menschen würden sich freuen, dass sie sich dieses oder jenes für gute Arbeit leisten könnten.

Ich wünsche Ihnen, dass Sie Resilienz genauso schätzen lernen, wie ich.

Herzlichst, Ihre

Stefanie Kühn