Dienstag, 11. Oktober 2011

Das wahre Leben - Wege aus der Finanzkrise - Ein Beitrag im Kleinen

Kürzlich sagte ein Freund unserer Tochter (beides stolze Zweitklässler) zu seiner Mami: „Mama, ich gehe so gerne zur Silvi. Weißt Du, da ist das richtige Leben.“ Die Mutter fragt amüsiert, wieso denn da das richtige Leben sei. Er antwortet: „Mami, wenn wir da Räuber und Gendarm spielen, dann ist das wie im wahren Leben. Der große Bruder, der kann so ernst gucken und so grimmig sein – das ist das wahre Leben.“

Jetzt wissen Sie, wie es bei uns zugeht. Die Situation scheint mir zu der momentanen politischen Lage zu passen. Man scheint im wahren Leben angekommen zu sein. Der Tabubruch – die öffentliche Diskussion einer Pleite Griechenlands und der Probleme bei den Banken – ist vollzogen. Nicht mehr hinter vorgehaltener Hand oder durch vorwitzige Politiker kommt das Thema auf den Tisch, sondern direkt über Frau Merkel und Herrn Sarkozy.


Wird ja auch Zeit. Kein Privatmann kann Schulden machen, ohne Sicherheiten zu bieten. Niemand bekommt ein Darlehen, ohne dass er nachweisen kann, wann und wie er es zurückzahlt. Und wenn er nichts mehr hat, dann ist er pleite. So funktioniert das im wahren Leben.

Jeder Anleger wird mit Risikohinweisen und Verbraucherinformationen zugeschüttet – weil mehr Rendite bedeutet mehr Risiko. Dass das so ist, haben auch die Kläger gegen die Banken bzgl. der Lehmann-Zertifikate in den letzten Wochen gelernt. Wer Risiken eingeht, muss dafür geradestehen - vom BGH bestätigt. Völlig korrekt.

So ist es mit Risiko und Rendite auch bei Staatsanleihen von den als unsicherer geltenden Ländern. Ja, das wissen auch die Banker. Lernen sie im Studium. Sie haben außerdem ein Risikocontrolling – direkt im Haus.


All diese Gesetzmäßigkeiten und Regeln aus dem wahren Leben – wir sollten uns auf sie besinnen. Und dann sollten wir überlegen, auf welche Ideen man jetzt kommen könnte, um aus dem Schlamassel wieder herauszukommen. Fakt ist, es wird teuer. Jeder könnte mit anpacken, dann ist die Last für einen nicht so groß.

Was könnten wir einzelnen tun? Schauen wir mal, was mir so einfällt.


1) Wir wären bereit, etwas von den deutschen Schulden zu tilgen, wenn ich wüsste, mein Geld kommt auch bei der Tilgung an und nicht in Griechenland, Portugal oder bei einer staatlich geretteten Bank, die irgendwie dann doch Boni zahlt. Was könnten Unternehmer neben der Steuerlast geben? Eine Idee: Dieses Jahr verzichten alle auf die obligatorische Weihnachtspost. Wäre ein Anfang.
Wie unsere Großfamilie die 25.000 Euro aufbringen soll, die pro Kopf inklusive Eurorettung an Schulden da sein werden, weiß ich allerdings noch nicht. 125.000 Euro sind kein Pappenstiel und ich fühle mich auch nicht für die Summe verantwortlich.

2) Ich wäre auch bereit, einen halben Arbeitstag für unsere Staatsschulden zu spenden, wenn ich nicht mehr ständig gegängelt würde. Dieses Jahr habe ich einmal irgendwas bei der Umsatzsteuer nachgemeldet und 1,34 Euro zu wenig gezahlt. Ich bekam ein Schreiben mit der Aufforderung 1,34 Euro + 3,5 Euro Mahngebühr o.ä. zu zahlen. Hallo, 1,34 Euro – 55 Cent Porto? In Griechenland zahlen manche 7% und manche 15% Umsatzsteuer und viele auch nix. Aber ich zahle 1,34 + 3,5 Euro, der Steuerzahler 55 Cent Porto. Also ich spende, wenn die Griechen auch Umsatzsteuer zahlen.

3) Kleine, innovative Ideen: Hey, es muss nicht immer eine große Sache sein. Ich hatte mal vorgeschlagen, dass man als Stadt den Rathaussaal mit toller Multimediatechnik vermieten könnte und dem Stadtsäckel so helfen könnte. Fand ich klasse, die Idee. Kann man aber meines Wissens immer noch nicht mieten. Oder ein Liegestuhlmietservice mit ausrangierten Liegen (die immer noch ordentlich sind, natürlich), um das von mir geliebte Freibad zu unterstützen. Sicherlich fällt jedem etwas ein, der mit wachen Blick durchs Leben geht. Aber bei uns ist ja alles immer seeeehr kompliziert. Und das Geklüngel ist ja vielerorts nicht zu übersehen. Würde sofort all meine Ideen irgendwo strukturiert vortragen und mich vorbereiten. Bin überzeugt, da käme was bei rum. Haben wir schon sicher wieder Geld im Werte eines halben Arbeitstages generiert.

4) Gut, ich gebe es zu. Ich habe kein Verständnis für Nichtstuer (die gesund sind), die sich das Nichtstun von anderen bezahlen lassen. Wer vom Staat Geld bekommt, könnte irgendwas dafür machen. Ich würde irgendetwas arbeiten, auch wenn es nicht meiner Ausbildung entspricht. In Grafing beobachtete ich kürzlich einen Herren, der sammelte mit einer Zange Müll auf. Der würde vermutlich das gleiche auf dem Konto haben, wenn er Hartz IV bekäme. Respekt vor diesem Herren. Solche Menschen sind mein Vorbild. Das sollten die Vorbilder vieler sein. Dann würde unser Land deutlich weniger Ausgaben im Sozialetat haben. Hätten wir wieder etwas gespart. Wenn es irgendwen motivieren würde, irgendwas für die Gemeinschaft zu tun, anstatt nur zu kassieren – ich wäre mit einem halben Arbeitstag dabei, würde vorarbeiten.

2 Arbeitstage in 4 Schritten. Es könnte eine gigantische Wirkung sein, wenn jeder 2 Arbeitstage für unser Land hätte. Aber nach unseren Regeln. Für die Tilgung der Staatsschulden und mit der Verpflichtung ausgeglichene Haushalte zu präsentieren.


Bis sich genügend andere finden, zahle ich meine Steuern mit Wut im Bauch. Ich gucke ziemlich ernst und grimmig, wenn ich meine vierteljährliche Steuervorauszahlung, die monatliche Umsatzsteuer, die vierteljährliche Gewerbesteuer, die jährliche Steuernachzahlung der Einkommenssteuer, die danach erhöhte Vorauszahlung der Einkommenssteuer, die jährliche Nachzahlung der Gewerbesteuer und die 1,34 Euro für einen vergessenen Beleg überweise. Das ist das wahre Leben.

Es grüßt Sie herzlich
Ihre
Stefanie Kühn