Mittwoch, 11. Mai 2011

Willkommen in der Realität – eine Beispielgeschichte zum Thema netter Umgang an deutschen Schulen

Ja, das muss ich jetzt sofort schreiben. Gestern bekamen wir einen Anruf, wir sollten unseren Sohn von der Schule abholen, es ginge ihm nicht gut. Klar, da fahren wir sofort los. Glücklicherweise war es nichts lebensbedrohliches. Soweit so gut.

Die Schule hatte allerdings schon eine Weile versucht, uns zu erreichen. Was haben wir gemacht? Ferngesehen, geratscht oder gar gefrühstückt? Nein. Wir arbeiteten. Mein Mann war außer Haus und ich hatte direkt hintereinander zwei längere Telefonate. Wie Sie wissen, verdienen wir damit all das Geld um unser Leben und mit den Steuern auch das von Lehrern, Polizisten und anderen sinnvollen und auch weniger sinnvollen Gemeinwohl-Dingen zu zahlen. Soweit, so normal. Jedenfalls für uns. Ich unterbreche keine Telefonate, wenn ein anderer Apparat klingelt, denn meine Mandanten haben das Recht auf eine 100%ige Aufmerksamkeit. Das ist meine Einstellung. Ist mein Telefonat beendet, höre ich den Anrufbeantworter ab.


Was passierte in der Schule: Dort saß ein Kind, dass sich übergeben musste, im Sekretariat – gut sichtbar für jedermann. Das ist natürlich unschön, gerade wenn die Schuleinschreibung für die 5.-Klässler ist, und viele Menschen ein und aus gehen. Aber die Schule hat ja noch andere Räume und einen Pausenhof, Schulsanitäter, Lehrer, die gerade keine Klasse haben....

Allein über diesen Punkt kann man reden. Wie fühlt sich ein Kind, dass vorne im Sekretariat sitzen muss und sich übergibt, wenn ständig Leute an ihm vorbeigehen – besch....


Undbedingt sprechen muss man über diesen Punkt: Wir Eltern wurden sowohl auf dem Anrufbeantwortert als auch zweimal persönlich angeraunzt, dass wir binnen einer Stunde das Kind hätten abholen müssen (was nach unserer Meinung bei dem ersten Anruf 10.00 Uhr (Aufzeichnung Apparat) und kurz vor 11.00 Uhr Schulankunft sowieso gegeben war) und wir immer erreichbar sein müssten. Und unsere Nachbarn, die auch angerufen würden, die müssten sonst erreichbar sein.

Sorry, wir müssen arbeiten, unsere Nachbarn melden sich nicht bei uns ab, wenn sie nicht zu Hause sind, sich engagierende Omas und Opas haben wir nicht. Willkommen in der Realität.


Dazu kommt: Der Ton macht die Musik. Da ich heute am Folgetag beim Abmelden des noch immer kranken Kindes erneut angegangen wurde, war es auch kein Versehen. Ich habe nochmal erläutert, dass wir natürlich arbeiteten und unsere Nachbarn wirklich nur für echte Notfälle da seien. Doch kurz - da wollte jemand unfreundlich sein. Die Sekretärin hat mir also heute gesagt, dass mich die Schulleitung ja mal anrufen könnte, denn es hätte sich noch nie eine Mutter beschwert, dass das so sein muss. Fein, habe ich geantwortet.

Was ich mich bei diesen Begegnungen der dritten Art frage, ist folgendes:

a) Warum kann man sowas nicht anders regeln? Idee: Kind mit Eimer wartet mit sowieso draußen rauchenden Lehrern im Pausenhof. Frische Luft bei schönem Wetter ist bei Übelkeit meist recht hilfreich.

b) Warum spricht man nicht auf Augenhöhe und freundlich? Ich spreche mit meinen Mandanten auch auf Augenhöhe. Hätte die Sekretärin gesagt, es sei ihnen ganz unangenehm, sie könnten sich nicht richtig kümmern, die Schuleinschreibung verursacht Chaos, hätte ich sicherlich gesagt „Das tut mir leid“. Hätte es allerdings nicht ändern können und das unter a) gesagte steht weiter im Raum.

c) Warum spricht man nicht mit Respekt? Hätte man auch sagen können „Es tut uns leid, Ihr Sohn ist krank. Wir dürfen ihn nicht alleine nach Hause gehen lassen, können Sie ihn bitte abholen, sobald es geht?“.


Ja, die Freundlichkeit – nach der Geschichte mit der Deutschen Bahn ein weiteres aktuelles Beispiel. Was muss ich auch immer Wiederworte geben.....


Und weil's so schön ist, noch eine Anekdote aus selbigem Sekretariat, dessen Ruf unserem Eintritt in diese Schule übrigens schon vorausgeeilt war. Unser Sohn, neu an der Schule, sollte dort etwas abholen oder abgeben. Las an der Tür das Schild „Bitte anklopfen“. Klopfte und wartete, klopfte und wartete. Nichts. Irgendwann steckte er den Kopf rein und da raunzte es „Brauchst du 'nen Türöffner?“.

Ich sagte meinem Sohn, dass er bei solchen Antworten ruhig auch etwas sagen darf. Das muss sich auch kein Kind gefallen lassen.


Viele Grüße
Stefanie Kühn












Montag, 9. Mai 2011

Manches geht einfach nicht – die Bahn und ihr Umgang mit Reisenden

Am Samstag war ich mit zwei meiner Kinder in Frankfurt zum „Forum Finanzen für Frauen“ auf der Deutschen Anlegermesse. In Nürnberg stiegen fünf junge Mädchen zu, nach Sprache osteuropäischer Herkunft. Sie sahen aus, wie Mädels um die 20 eben aussehen, wenn sie einen Ausflug machen, fröhliches Geplaudere und Gelächter, ein bisserl aufgebrezelt.

Kurz nach der Abfahrt kam eine Schaffnerin und sagte „Die Zugestiegenen bitte die Fahrscheine“ und die Mädchen reichten ein Ticket. Ich glaube, ich habe aufgrund der herrischen Stimme schon hochgeblickt und beobachtete die Szene. Die Schaffnerin sah auf den Fahrschein und raunzte „Der Fahrschein gilt nicht, sie müssen nachzahlen“. Auch mein Sohn, der dem ganzen bis dahin den Rücken zugewandt saß und las, zuckte ob des Tones zusammen und drehte sich um. „Sie müssen auch leeeeeesen, was da steht!“ ging es weiter. Eines der Mädchen, später stellte sich heraus, es waren alles Schwestern, erklärte der Schaffnerin ein bisschen aufgeregt, aber auch verblüfft, dass sie am Schalter nach einem Gruppenticket gefragt hätten und das Bayernticket verkauft bekommen hätten. Dann hätten sie gefragt, wo denn der Zug nach München fahren würde und es hieß „Gleis Neun“. Das war der ICE. Man hätte jetzt wissen müssen, dass ICEs beim Bayernticket nicht zu den erlaubten Zügen zählten. Wussten die Mädchen aber nicht. Kann ich verstehen – ich habe ja schon in meiner Sprache Probleme, die Tarifwelt zu verstehen. „Egal, Sie müssen das eben leeeeesen und jetzt müssen Sie nachzahlen – zwei Tickets“.

Gut, sowas kommt vor, dass man nicht den richtigen Fahrschein hat. Ich selbst saß schon mal in einem zuschlagspflichtigen Zug und hatte nicht kapiert, dass ich ein Zusatzticket gebraucht hätte. Ich bin auch schon mal hochschwanger ob meines Fahrrades zu einer Nachzahlung verdonnert worden. Habe ich jedesmal wirklich nicht gewusst. Soll vorkommen, bei all den Tarifen, die es gibt. Eine Freundin erzählte gestern, sie ist sogar mal bis Venedig mit Zügen gekommen, die sie gar nicht gebucht hatte, weil sie den eigentlichen Zug verpasst hatten und die Schaffner alle nett waren.

Diese war nicht nett. Meine Kinder und ich sahen uns die Diskussion einige Minuten verständnislos an. Dann wurde es Zeit, sich einzumischen. Ich fragte die Dame, ob sie nicht wenigstens freundlich mit den Mädchen sprechen könnte, man sehe doch, dass sie es einfach nicht gewusst hätten. Und ob sie vielleicht mal sagen könnte, was denn zu zahlen sei. Da wurde ich dann angeraunzt, was ich mich denn einmischte. Sagte ich, dass ich mich schäme, wenn meine Landleute so mit Ausländern redeten und man so überhaupt nicht mit Kunden spricht und die Erläuterungen der jungen Mädchen ja auch schlüssig seien. Die Schaffnerin erklärte darauf „drei mal 55 Euro“. Die Mädchen sagten zu Recht, dass sie doch zuerst „zwei Tickets“ gesagt hätte. Da sagte die Schaffnerin „Nein, jetzt sind es fünf, das andere wäre Kulanz gewesen, das wäre jetzt vorbei“. Inzwischen kam ein Kollege hinzu – nur marginal freundlicher, immerhin sagte er, sie könnten sich später beim Kundenservice beschweren. Die Mädchen erklärten, dass sie das nicht einfach zahlen, schließlich wären sie am Schalter gewesen und sie hätten alles erfragt, sie könnten das doch nicht wissen und sie hätten auf diesen Ausflug so gespart.

Ist doch klar – wer hat mit 20 Jahren in einem fremden Land denn schon viel Geld? Und 55 Euro pro Person war vermutlich das Taschengeld für diesen besonderen Abend. Kurz, sie zahlten nicht. Die Polizei nahm die Damen in München in Empfang. Ich habe dem Polizisten meine Version der Geschichte aufgedrängt, mich als Zeuge benannt. Habe ihn gefragt, was es kosten würde, wenn ich alles begleiche, und man das ganze gleich löst. Das hätte aber zu dem Zeitpunkt schon 100 Euro pro Person gekostet und ging schon längst nicht mehr. Ich habe mich geärgert, hätte ich doch sofort einfach die zwei Tickets gezahlt.

Keine Frage – die Bahn ist hier vermutlich im Recht. Aber - die Mädchen haben keinem einen Platz weggenommen, der ICE war fast leer. Die Karte war von einem Schalter, sie haben also wirklich mit jemandem von der Bahn gesprochen. Kann man dann nicht mal fünfe gerade sein lassen?

Sommerliche Grüße
Stefanie Kühn