Freitag, 8. Juli 2011

Zinseszinseffekt auf Bruttobasis - Über die Unsinnigkeit von Fondsgebundenen Lebensversicherungen

Zinseszins auf Bruttobasis - ein tolles Wortgerüst, finden Sie nicht? So gut, dass ich es mir kaum merken kann. Neulich las ich diesen Ausdruck als Verkaufsargument für eine fondsgebundene Lebensversicherung und mir fiel auf, dass dieser geniale Ausdruck die Beschreibung eines de facto falschen Verkaufsargumentes ist.

Worum geht es? Heutzutage zahlen Anleger auf Fondsanlagen Abgeltungsteuer, das heißt, von jedem verdienten Euro gehen 25% + Soli + ggf. Kirchensteuer ab. Natürlich wäre es schön, wenn beim Umschichten nicht jedes Mal die Steuer den Neuanlagebetrag mindern würde. Doch ist dieser Nachteil so groß, dass der Anleger lieber eine fondsgebundene Lebensversicherung als eine direkte Fondsanlage wählen sollte?


Würde auf jegliche Umschichtung verzichtet, schneidet der direkt im Depot gehaltene Fonds auch unter Berücksichtigung der Abgeltungsteuer sehr viel besser ab. Bei einer Sparrate von 50 Euro ergibt sich über 30 Jahre ein Vorteil von 7.000 bis 8.000 Euro. Wo sind diese Tausende hin?

Die Versicherung hat Abschlusskosten (ca. 4% der gesamten Beiträge) und sie hat laufende Kosten (ich sehe Angebote mit über 10% laufenden Kosten). Das zehrt an der Rendite. Erwirtschaftet der Fonds 6% im Durchschnitt, bleiben für den Anleger vielleicht 4,5%, wenn die Versicherung teuer ist, auch weniger. Klingt nicht nach viel, aber über 30 Jahre summiert sich das zu mehreren Tausend Euro. Ich nenne das jetzt mal „Zinseszinseffekt durch Kostenbasis“. Für diesen Vorteil, den die Direktanlage bietet, kann man dann auch schon mal umschichten.


Doch wie oft schichten Kunden selbst eine Lebensversicherung mit Fonds um? Nach meiner Erfahrung sind die Mandanten da recht zurückhaltend. Das liegt auch daran, dass eine Umschichtung ja nicht per Mouseklick funktioniert, sondern per Anschreiben. Damit ist der Ausführungstermin auch schon mal vom Bearbeitungsstand der zuständigen Sachbearbeiter abhängig.

Manche Policen haben ein gemanagtes Portfolio. Hier erhoffen sich die Mandanten zu Recht, dass je nach Marktlage umgeschichtet wird. Die Erfahrung zeigt hier, dass allenfalls marginale Umschichtungen stattfinden (oft von einem Hausprodukt zum nächsten) und der Zinseszinseffekt auf Bruttobasis kaum Relevanz hat. Viele Policen aus der Zeit vor 2004 sind auch noch so stark im Minus, dass von Rendite sowieso noch nicht gesprochen wird, da hoffen alle zunächst auf das Wiedersehen der eingezahlten Beiträge.

Gibt es heutzutage also irgendeinen Grund, eine fondsgebundene Lebensversicherung abzuschließen? Ich finde keinen. Wer das Todesfallrisiko absichern möchte, ist mit einer Risikolebensversicherung gut und günstig bedient.


Zwar habe ich keine so tolle Wortschöpfung für meine Argumente, aber das macht vielleicht auch gar nicht so viel aus. Nehmen Sie Ihr Geld selbst in die Hand, schließen Sie einen Fondssparplan ab, kümmern Sie sich!

Eine ganz konkrete Anleitung zum „do-it-yourself“ finden Sie beispielsweise in meinem Buch „Leben ohne Bankberater“ (www.kuehn-sein.com)


Oder um es mit Heinrich Böll zu sagen:

„Freiheit wird nie geschenkt, immer nur gewonnen“


Ihre Stefanie Kühn

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